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Blick in die Bücher > Geschichten aus der Heimat
Wenn man zu Huis is
„Komm, Jung“, sagte der Holger noch zu mir
„Lass uns hinter den Horizont fahren, in die weite Welt hinaus.
Weg vom kleinen Niederrhein, über den Horizont,
Da muss doch bestimmt etwas Großes zu finden sein!
Mal sehen, wat es da so gibt!“
Wir haben unser Räder geschnappt und sind drupp losgefahren,
Immer in Richtung Horizont,
Ohne klares Ziel, aber weg vom kleinen Niederrhein
Und über den Horizont, um Großes zu finden!
Kann ja sein, das es noch etwas gibt,
Über unsere Grenzen hinaus, so eine Art Eine Erkenntnis
Oder der höhere Sinn?
Irgendwas Größeres,
als hier bei uns am kleinen Niederrhein.
So fuhren wir drauf los,
Durch Bergheim durch Friemersheim,
An der Mariensiedlung vorbei, zum Krupp-Gelände,
Große Brücken kamen uns entgegen und die Rheinpreussen-Siedlung.
Rauchende Türme, satte Felder und grüne Hügel flogen vorbei.
Immer weiter, schnurstracks dem Horizont entgegen,
Am großen Binnenhafen entlang bis zur Niederrhein-Mündung,
Durch das Ratinger Tor und nach Gürzenich,
Ein bißchen Karneval feiern.
Und als wir da so fuhren,
Der Horizont nicht kleiner wurde,
Aber die Welt immer größer zu werden schien,
Da sagte noch der Holger zu mir:
„Weiße wat, ich glaub, dat is nix für uns, dat mit der großen Welt.
Wat meinst du denn?“
„Ja nee, ich mein auch, die Welt ist irgendwie zu groß für uns!“
Also sind wir wieder zurück geradelt, vorbei an rauchenden Türmen und grünen Hügeln, Wieder Richtung Horizont.
Die Welt wurde kleiner, aber irgendwie auch schöner!
Wir mussten zwar aufgeben, das Große gegen das Kleine tauschen,
Aber eine erstaunliche Erkenntnis radelte mit:
Dat Große ist reizvoll, muss aber nicht immer das Richtige sein!
Als wir dann abends auf der Terrasse unserer Bergheimer Mühle saßen
Und den Sonnenuntergang mit einem Bierchen begossen,
Da sagte der Holger etwas sehr weises zu mir:
„Weiße wat , Steffen, wenn man zu Huis is, dann ist das Kleine ganz Groß!
Und dann merkt man erst, wat man vom Leben hat!“
Foto: Akki Axel Schepers
Was ist ein Glücksmoment?
Wenn wir auf der Suche nach Glück und Liebe, endlose Meere durchqueren.
Wenn wir mächtige Berge besteigen, um Stärke zu beweisen.
Wenn wir trostlose Wüsten durchqueren, um es anderen zu zeigen.
Wenn wir in zornigen Stürmen standhaft stehen bleiben, um anderen und der Welt zu trotzen.
Wenn wir steinige Wege durchschreiten, auf der Jagd nach Anerkennung.
Wenn wir in reißenden Flüssen gegen den Strom schwimmen, um unsere Identität zu finden,
immer getrieben von der Suche nach Glück.
Aber wenn vor dir etwas auftaucht, von jetzt auf gleich im Lichte steht, und du plötzlich bemerkst:
Glück braucht das alles nicht.
Es braucht weder Mühen noch besondere Stärke,
keine Wüsten, kein bezwingen, kein trotzen
und kein standhaft bleiben.
Es war immer bei dir.
Dann ist das ein Glücksmoment.
Foto: Bernd Steckelbroeck
Gestatten Fricke, einfach Fricke
„Hasse gehört?“, sagt die Edith Kuslowski zu mir, bei Edeka in Schwafheim.
„Sonne aus dem Po is tot!“
Ich konnte es gar nicht glauben.
„Wie dat?“
„Ganz tragisch,“,sagt die Kuslowski, „der is wohl von der Rheinbrücke in Emmerich gesprungen. Fricke muss wohl total depressiv am Ende gewesen sein. Tragisch.“
„Von der Brücke in Emmerich? Der „Sonne aus dem Po“, dat glaub ich nicht! Das ist doch die Frohnatur in Person, das Glück höchstpersönlich und der seligste Mensch vom Niederrhein! Fricke und depressiv? Wie soll dat gehen? Der kann überhaupt nicht traurig sein! Der doch nicht.“
Sie müssen wissen, liebe Querdenker, „Sonne aus dem Po“, hieß eigentlich Fricke. Aber Fricke war die Liebe in Person, immer ein Lächeln im Gesicht, immer eine Geschichte parat, um dich aufzumuntern und immer eine Umarmung für andere über. Vielleicht kennen Sie auch solche Leute, die immer gut drauf sind, egal, ob Winter, Regen, Sturm, ob die krank sind oder den Job verloren haben, die sind immer gut drauf, immer auf der Sonnenseite und immer ein Lächeln zum bösen Spiel.
Deshalb, sagten wir zu Fricke immer: „Sonne aus dem Po“.
Gut, seltsam war der, weil er den einen oder anderen Tick hatte. Wenn er sich vorstellte, dann sagte er zum Beispiel:
„Gestatten Fricke, einfach nur Fricke!“
Egal, ob der in der Kneipe war, auf der Hochzeit oder im Bürgeramt Rheinhausen, er sagte immer:
„Gestatten Fricke, einfach Fricke!“
So griff der auch der Frage vor: „Wie, Fricke? Haben Sie keinen Vornamen?“
Nein! Einfach nur Fricke. Aber immer gut drauf, immer gut gelaunt, dem schien 24 Stunden die Sonne aus dem Po!
Und wenn du ganz unten warst, dann hat der dich mit seiner Clowns-Art wieder hochgeholt. Der Fricke holte immer eine Spruch aus der Schublade, selbst wenn du ganz unten in der untersten Schublade des Lebens lagst, dann hat der einen Spruch noch unter dem Schrank hervorgeholt, und dir ging et gleich besser! Der Fricke konnte dir immer erklären, das es irgendwo auf der Welt noch einen gibt, den et noch schlechter geht, als dir, und gerade jetzt, wo du am Boden liegst. Das war Frickes Talent!
Ein Sonnenaufgang, eine Sternschnuppe und Wunderkerze zu sein.
Fricke war manchmal so glücklich und fröhlich, das ich mir verkneifen musste, dem keine zu verpassen, so glücklich war der. Immer einen Lotto-Sechser im Gesicht.
Schon fast Belästigung. Der hat dich mit seiner Fröhlichkeit belästigt.
Ich hab immer gedacht, der Fricke fällt irgendwann tot um, kommt dann mit dem Kopf noch mal kurz hoch, und sagt: „ Des einen Tod ist des einen Brot, schön war es auf der Welt zu sein! Gestatten Fricke, einfach nur Fricke!“
Im Tode noch glücklich! Selbst in der Unterwelt noch einen Platz an der Sonne.
Und die Kuslowski sagt: „Der Fricke muss am Ende total depressiv gewesen sein, sagt man sich. Also, da müssten sich schon viele irren, wenn der am Ende nicht total depressiv gewesen wäre! Jedenfalls, hat ihn seit vier Wochen niemand mehr gesehen, auch die Eltern nicht. Aber die Mutter war ja schon seit dreißig Jahren depressiv, sagt man sich. Ich hab die nie Lächeln gesehen, die lief immer wie falsch Eisen rum ,immer nett, aber total depressiv. Die reinste Party-Bremse, immer nett, aber total depressiv.
Die Fricke konnte man am Ende gar nicht mehr einladen, dat hört sich schlimm an, aber die war ja so depressiv, obwohl die so nett war, aber leider auch so total depressiv. Schade.
Ich sag Ihnen Herr Kersken, wenn man sich mit der Fricke unterhalten hat, dann hat die nie was gesagt, da wusste man gar nicht, was man noch alles erzählen sollte.
Unhöflich war die nicht, die Fricke, sie hat immer gegrüßt, war auch sonst immer da, aber immer still und total depressiv. Nett, aber total depressiv. Schade.
Wirklich schade. Sie war ja auch total intelligent und hat kurz vor Kevelaer dieses Blumencenter geführt. Also hochintelligent, die Fricke, hoch intelligent, aber total depressiv, schade.“
Und als die Kuslowski fertig war, dachte ich noch, also der Fricke von der Brücke in Emmerich? Der 'Sonne aus dem Po', dat glaub ich nicht! Das ist doch die Frohnatur in Person, das Glück höchstpersönlich und seligste Mensch vom Niederrhein! Fricke und depressiv? Wie soll dat gehen? Der kann überhaupt nicht traurig sein! Der doch nicht.
Und hochintelligent ist er auch noch. Drei Instrumente spielt er: Gitarre, Klavier und Klarinette. Gut ein wenig seltsam ist er, aber dabei hoch intelligent!
Ich hab genau vor Augen, wie er bei uns in Bergheim beim Griechen sitzt, immer am Tisch neben den Klosett, an der Kegelbahn. Immer für sich, und immer ein wenig vor sich hin brabbelnd, aber hoch intelligent dabei, die Leute haben es nur nie gemerkt und hielten ihn nur für seltsam. Wie letztens, die zehn Jungs von der Kanzlei Wackermann, die einen hohlen Spruch über Flüchtlinge nach dem nächsten rissen, dann rief der Fricke vom Tisch rüber: „ Gestatten Fricke, einfach nur Fricke! Eines Tages steigt der Koloss von Rhodos herab, und nach dem er schon Demetrios Poliorketes besiegt hat, kommt er durchs Meer geschwommen, und zeigt uns Deutschen wirklich mal, was Belagerung und leiden zu bedeuten hat! Scheinbar habt ihr den 2.Weltkrieg und das Leiden der Menschen und was uns die Geschichte daraus gelehrt hat, nie begriffen! Ihr Herren Rechtsanwälte!“
Dann rief der Wirt Charalampos, was so viel heißt, wie Kämpfer, immer in den Saal rüber:
„Fricke, hör dat Schwatten auf, sons bisse gleich woanders!“
Dabei wußten die Herren von der Kanzlei Wackermann gar nicht, wer Demetrios Poliorketes war und was damals unmenschliches in Rhodos passiert ist, aber die wissen so vieles nicht, sind aber nur am Schwatten und machen auf hochintelligent dabei!
Und nach dem achten Ouzo sang der Fricke auch immer kleine Lieder vor sich hin, das war echt ein Phänomen, wie viele Lieder der kannte. Oder Lieder aus der Oper, der Fricke hatte ja eine Jahreskarte in der Oper Krefeld, also gebildet war er, das sollte man nicht meinen. Also, der Fricke war nicht nur gebildet, sondern auch hochintelligent. Wissen schützt ja nicht vor Dummheit, oder der Schulabschluss vor Torheit. Aber der Fricke, der spielte drei Instrumente und hat immer von einem Ort geträumt, wo er einfach nur Musik spielen könnte und singen durfte. Mehr brauchte er nicht für das Glücklich sein.
Aber die Eltern wollten, das er im Gartencenter anfängt und den Laden irgendwann übernimmt. Die Mutter war ja depressiv, sagt man sich ja, und er sollte den Laden irgendwann schmeißen. Ich glaub, letztes Jahr hat er dann in der Frühlingssamenabteilung angefangen, aber ob er damit glücklich war? Ich weiß et nicht? Aber die Eltern wollten das so, die haben zum Fricke immer gesagt: „Du bist so seltsam, du kommst doch nirgendwo zurecht. Die Welt da draußen nimmt keine Rücksicht auf dich und deine Träume!“
Und dann hat der Fricke in Kevelaer in der Frühlingssamenabteilung angefangen.
Dabei wollte er nur irgendwo sitzen, da wo die Sonne den Boden berührt, wo Laternen im Himmel wehen und er spielt Klavier für die Menschen. Mehr nicht. Doch die Eltern wollten es so, weil der Fricke so seltsam sei und die Welt nun mal keine Rücksicht nimmt. „Das sei das Beste für ihn“, sagte die Kuslowski, hätte die Mutter wohl letztens noch gesagt.
Aber ich sag ja immer: „Ich möchte nicht das Beste für meine Kinder, sondern das Richtige!“, vielleicht ist das gut gedacht oder vielleicht auch nicht. Ich weiß es nicht.
Das, was wir wollen, ist vielleicht auch nicht immer das, was wir brauchen.
Ich nenne das Dilemma, eine Bredouille, Schwitzkasten, Zwickmühle oder zwischen Szylla und Charybdis stecken, so würde Fricke jetzt bei Ouzo neben dem Klosett rüber rufen! Szylla und Charybdis sind übrigens Meeresungeheuer aus der griechischen Mythologie. Skylla hatte sechs Köpfe mit einer dreifachen Reihe Zähne in jedem Maul und fraß jeden, der in ihre Nähe kam. Charybdis sog dreimal am Tag das Meereswasser und Schiffe ein, um sie danach brüllend wieder auszustoßen. Isso! Der Fricke wüsste so was, so, wie er da immer bei Ouzo an seinem Tisch saß und von Musik und Orten träumte, wo die Sonne den Boden berührt und Laternen im Himmel wehen. Sonne im Po soll nicht mehr da sein? Der Fricke, der immer stark war, immer ein Lächeln übrig hatte, der soll den roten Lebensfaden und die Spur im Sand verloren haben? Das kann ich nicht glauben. Das möchte ich nicht glauben. Fricke war einfach, aber er hat Träume im Bauch gehabt, von Himmel und Laternen. Er hat gelebt und die anderen haben nur überlebt.
Und am Tisch neben dem Klosett, direkt an der Kegelbahn, da saß er mit Ouzo an seinem Tisch und träumte von Musik und Orten, wo die Sonne den Boden berührt und Laternen im Himmel wehen.
Manchmal wurde er auch poetisch und fing auf einmal an, mir ein Gedicht zu erzählen oder eine Hoffnung zu flüstern, dann rief der Charalampos, der Krieger, immer in den Saal: „„Fricke, hör dat Schwatten auf, sons bisse gleich woanders!“
Aber ich sagte dann: „Nee, lass den Fricke mal, ich möchte dat hören!“
Und er schwelgte vor sich hin:
„Manchmal, gelingt es uns nicht,
Dinge anders zu machen.
Wir halten aus und haben Angst vor Veränderung.
Das ist absurd, fast paradox.
Wir halten aus, aus Angst und wegen unseren Erwartungshaltungen.
Wir sind Weltmeister im Angst haben und aushalten.
Veränderung täte uns gut, aber wir steigen immer wieder in die selben Fußstapfen.
Blind, im Rhythmus der Zeit, so laufen wir durch den Alltag,
Von Tag zu Tag schütteln wir Hände und reihen uns wieder ein.
Zurück in den täglichen Wahnsinn von Ellenbogen, Frust und Konkurrenzkampf.
Aber manchmal, reicht ein kleiner Augenblick,
Eine Berührung oder ein Wort aus,
Etwas Gesprochenes oder eine kleine Geste,
Damit wir andere Wege gehen
Und wir uns für das Leben neu öffnen.
Manchmal, begegnest Du einem Menschen,
Der dich verzaubern kann,
Er landet in deinem Leben, wie ein Schmetterling auf einer Blume.
Er berührt dich und dein Herz erwärmt.
Manchmal, hören wir etwas, was uns berührt.
Ein Impuls, ein Dankeschön oder ein Lob.
Und die Welt sieht wieder schöner aus.
Manchmal kommt ein „Entschuldigung“, womit wir nicht gerechnet haben
Oder dir öffnet jemand eine verschlossene Tür.
Und plötzlich, kannst du dich der Welt wieder mit etwas Liebe öffnen.
Dein Frust, dein Zorn, deine Wut auf die Welt und den Menschen darin weicht,
Weil dich jemand berührt.
Manchmal, landet ein Mensch in deinem Leben,
Wie ein Schmetterling auf einer Blume,
Manchmal, öffnet ein Mensch eine verschlossene Tür,
Manchmal, durchbricht ein Mensch Wände und Grenzen,
Nur durch eine Entschuldigung oder ein aufmunterndes Wort.
Vielleicht sind es die kleinen Berührungen im Alltag, die unserer Welt fehlen,
Um den Frust und den Zorn auf andere zu vertreiben.
Oder kleiner zu machen.
Manchmal, sollten wir kleine Berührungen schenken,
Oder uns wieder mehr berühren lassen,
Von kleinen Worten, ein Dankeschön oder ein Entschuldigung,
Eine Umarmung und ein aufeinander zugehen.
Nicht immer Händeschütteln, misstrauen oder bewerten.
Nicht immer einreihen und sich verschließen.
Einfach mal anders auf andere zuzugehen,
Muster durchbrechen, durch eine kleine Berührung.
Manchmal, landet ein Mensch in deinem Leben,
Wie ein Schmetterling auf einer Blume,
Manchmal, zündet dir ein Mensch ein Lichtlein an,
Inmitten der Nacht und dein Herz schlägt höher.
Vielleicht fehlt der Welt genau das,
Diese kleinen, kostenlosen Berührungen,
Die uns alle so sehr fehlen und am Leben halten.“
Ich fand das poetisch, irgendwie schön, wenn Fricke so sprach. Das berührte mich immer!
Jetzt ist Fricke weg. „Sonne aus dem Po“ soll gesprungen sein!
Aber Fricke war doch nie depressiv, immer lächelnd, immer ein Lächeln für fremde Menschen, immer einen Spruch parat, so hat er dem Leben getrotzt, wie er da beim Griechen mit Ouzo am Tisch saß, am Klosett, neben der Kegelbahn.
Da, wo er geträumt hat, von Orten, wo Laternen am Himmel hängen.
Da, wo die Sonne den Boden berührt. Genau dort wollte Fricke sitzen und für die Menschen Klavier spielen, ohne zu reden, sie einfach nur mit seinem Klavierspiel berühren und diese Wut vertreiben.
Die Wut auf alles.
Fricke haben sie noch nicht gefunden, vielleicht ist er ja gar nicht gesprungen, vielleicht sitzt er irgendwo an der Reling auf der Aida, spielt Klavier ohne ein Wort dabei, die Delfine springen ihm auf die Tasten und er fährt zu den Orten, wo Laternen im Himmel hängen und die Sonne den Boden berührt.
Und die Menschen lassen sich berühren und begegnen der Welt wieder mit mehr Liebe. Die Wut auf andere weicht, weil sie sich von Fricke berühren lassen.
„Vielleicht ist das so. Ich hoffe es. Bestimmt.“, dachte ich so, bei Edeka in Schwafheim.
Das Lachen einer alten Frau
Nebel fällt am Niederrhein
Grünes Feld liegt im weißen Dunst
Blauer Fluss fließt durch Auf und Ab
Nasse Luft umschließt den Berg und Bau
Morgensonne bricht in Dunkelheit
Orange Farbe vermischt das Grau
Ein Tag fängt an
Die Wiesen funkeln im Regentau
Ich habe sie immer noch vor Augen
Wie sie jeden Tag mit dem Fahrrad
Die Düsseldorfer Straße hoch
Durch Bergheim bis Rumeln
Rechts auf den Trompeter Friedhof fährt
Ihre weißen Haare wehen im Wind
Sie fährt langsam und nimmt sich Zeit
Wozu sollte sie sich beeilen?
Sie hat immer einen Strauß Blumen hinten drauf
Und eine grüne Gießkanne aus Plastik
Sein Grab liegt direkt neben dem meiner Mutter
Mit schnellen Fingern, leicht gebückt
Fegt sie die Steinplatten frei
Grünes Moos schimmert an Buchstaben
Verwelkte Blätter fliegen umher
Bäume rauschen und erzählen Geschichten
Sie steht dort und schweigt
Nur einen Moment
Ein großes Gefühl fliegt durch ihren Körper
Erinnerungen, Trauer, Liebe
Und sie hört die Stille
Sie lächelt
Denn die Zeit mit ihm war schön
Ihr Mund zeigt die Liebe, die sie trägt
Sie weint
Das Leben ist schwer ohne ihn
Tränen bedeuten Schmerz
Es ist das Lachen einer alten Frau
Sie lacht und sie weint
Die Sonne ist heiß, der Mond ist kalt
Liebe und Schmerz verknoten sich
In ihrer Seele
Wenn sie mir Geschichten erzählt
Dann lacht sie
So, als sei es gestern gewesen
Erinnerungen halten sie am Leben
Sie erzählt von der Flucht
Von Posen und Mecklenburg
Von Russland und der Gefangenschaft
Ihre Hand wandert zu ihrer Bernsteinbrosche
Er mochte Bernstein
Und eine Träne tränkt ihr Auge
Ihre Augen sind braun
Wie der Bernstein in ihrem Herzen
Sie lächelt
Denn die Zeit mit ihm war schön
Ihr Mund zeigt die Liebe, die sie trägt
Sie weint
Das Leben ist schwer ohne ihn
Tränen bedeuten Schmerz
Es ist das Lachen einer alten Frau
Sie lacht und sie weint
Die Sonne ist heiß, der Mond ist kalt
Liebe und Schmerz verknoten sich
In ihrer Seele
Etwas
Bewegt sich in ihr
Etwas
Macht einen verbitterten Geschmack
In ihrem Mund
Ein Mischung aus Resignation und Vergänglichkeit
Etwas
Was sie nicht benennen kann
Oder möchte
Aber sie zeigt keine Regung
Nur die Seele schluchzt
Und sie fährt mit dem Fahrrad
Durch Bergheim bis Rumeln
Rechts auf den Trompeter Friedhof
Ihre weißen Haare wehen im Wind
Sie fährt langsam und nimmt sich Zeit
Wozu sollte sie sich beeilen?
Sie hat immer einen Strauß Blumen hinten drauf
Und eine grüne Gießkanne aus Plastik
Sein Grab liegt direkt neben dem meiner Mutter
Sie steht dort und schweigt
Nur einen Moment
Ein großes Gefühl fliegt durch ihren Körper
Erinnerungen, Trauer, Liebe
Und sie hört die Stille
Alte Frau schenkt ihren Kindern Leben
Und sie atmet die Luft der Erde
Alte Frau kann Hoffnung geben
Und sie trinkt das Wasser im Fluss
Alte Frau kann den Menschen vergeben
Und ihr Herz schlägt sanft
Alte Frau wartet auf das Licht
Es ist das Lachen einer alten Frau
Sie lacht und sie weint
Die Sonne ist heiß, der Mond ist kalt
Liebe und Schmerz verknoten sich
In ihrer Seele
Altes Herz schlägt sanft im Rhythmus
Alte Frau lächelt still
Die Erinnerung gibt ihr Kraft
Und Gesicht
Alte Frau lebt weiter
Alte Frau wartet still
Auf das Wiedersehen
Und das Licht
Fotos: Pixabay.com